Blickten ungläubig. Über das
Glas Wein gebeugte Fremde
heute, sprachen wir über gestern,
über Freunde, über lebende und
tote. Auch ein wenig über unsere
Liebe damals. Vieles war
vergessen. Zu lange her. Zu lang.
Ein wenig Wiedererkennen blitzte
auf mit deinem Lachen, regte mein
Herz. Dornenhecke, die uns trennte,
hoch erwachsen in all den Jahren.
Schließlich warst du nicht
Dornröschen. Sprachst mit mir,
fremde Frau, Jugendliebe, wach
und klug und fröhlich. Die
Sehnsucht in deinen Augen
war verhangen mit Schleiern
- und dein Herz dahinter
flackerte in falber Ferne.
Dann saßen wir nebeneinander.
Blicke griffen. Tiefer und Tiefer.
Suchten dein Herz, hinter all dem
Schmerz, dem Gestein, dem Geröll
gelebten Lebens. Fanden es, für
einen Augenblick, und alles war
gut. Geschah. Einfach. Dann
öffnete dich dein Blick, und ich
fand dich, fand dich wieder. So
fandest du mich. Blicke, die
bannten, Lichtfäden, die über
die Grenzen des Verstehens
hinaus uns aneinander fesselten.
Jene längst vergessene Asche gebar
Glut, gebar Feuer, verbrannte
triumphierend des Willens Neige.
Dann lagen wir uns in den Armen.
Verschlungen verschlangen wir uns
in Küssen. Die schmeckten fremd
nach all den Jahren, all diesen
langen, langen Jahren. Der süße
Geschmack deiner Jugend war
verblasst hinter dem Schleier aus
Rotwein, Tabak und dem Bittersaft
des Lebens. Mit jedem Kuss
gewann dein Mund die
alte Süße neu, vermischt mit
seligen Tränen. So tauchten wir
unter und wieder auf, schüttelten uns
wie frierende Katzen, die ins Wasser
gefallen waren. Suchten Wärme, Körper,
fanden sie, ohne die Hast der Jugend.
Dann lagen wir nackt im Bett.
Erkannte dich wieder, endlich, in
deiner Umarmung. Da warst du,
mein Mädchen von damals, aus
fast vergessenen Tagen, die niemand
zurück zu bringen vermag. Da warst
du wieder, meine Wildkatze, mit
verborgenen Krallen und betörendem
Honigmund. So berührtest du mein
Herz, so tief, so heiß, so süß.
Verströmten wir uns schamlos,
bald, Morgentau im Sonnenlicht.
Dann liebten wir uns mit ganzem Leib.
Unwetter, Sturm und Regen. Mein
Herz jubiliierte, Leib zerstieb, Lust
zerriss mich fast in deinen Armen.
Fand ich es damals, nicht wissend,
was ich suchte, fand ich es heute
wieder und neu: Ich wollte immer
nur dein Herz. Wollte immer nur
dein Herz. Suchte es all diese Jahre.
Immer nur dein Herz. - Jetzt bin ich
fort, weit fort. Trage Schleier vor der
Sehnsucht meiner Augen, Schleier
aus Tränen. Will nur noch eines:
sie zerreissen. Für immer und ewig.
Im Heilraum dieser neuen alten Liebe.
Denn ich wollte immer nur dein Herz.
(l)
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