I
Es ist 5 Uhr im Winter. Eine Stadt ruht. Alle Updates verpasst,
verblasst, verronnen, all diese hypersensationellen Möglichkeiten.
Was bleibt, sind Nächte, schweißgebadet, ruhelos. Hypnotisierte
Blicke auf ein flaues Foto. Es zeigt in betörendem Strahlen: Dich.
Ich sehe keine Lügen in diesem Gesicht. In deinen Augen keine
Schattenwelten. Auf den Lippen ein scheu begieriges Verlangen,
das die Tiefe der Sehnsucht tarnt, in wacher Anmut erstrahlen lässt.
Lächeln, Licht, sind sie anderes als Liebeslächeln und Liebeslicht?
II
Was geschah, geschah. Verliebt wirbelten wir im Kreis. Lebten
Augenblicke wie Symphonien. Tanzten um nachtfeuchte Bäume.
Versteckten ungeschriebene Liebesbriefe in alle Hohlräume der
Landschaft. Bauten Lichtschlösser für einen Traum von Ewigkeit.
Lichtschlösser aus Schwaden des Strahlens. Lichtschlösser, die
In grellbunten Landschaften schimmerten, einem meerbewegtem
Korallenballett gleich. Über uns sternklarer Himmel und ein leise
Zitternder Mond. Unter ihnen knieten wir, auf duftrosiger Erde.
III
Jeder Tanz findet sein Ende, bisweilen abrupt. Was blieb, war
Wund, so wund, so wundersam wund. Brach dein Herz und du
Meines. Liebte dich, liebte dich so. Erst zögerte ich, Odysseus, irrer
Held, auf nächtlicher Suche nach Heimat. Jetzt springe ich, springe.
Tauche ein in den Ozean meiner Sehnsucht. Bete zu anonymen
Göttern, beseelt von Hoffnung, dich zu finden. Negiere tausendfach
Die Stimme der Vernunft, des Zweifels, der Wirklichkeit, wünsche
Dir Frieden und die Aura von Glück, dort irgendwo in dieser Welt.
Träume dich im Brautschleier, in den Armen eines anderen,
träume mich mit Arsenalen vor deinem Haus, schwimme im
Schaum von weißer Wut, schreie in schwarzer Verzweiflung, ein
ungebremster Kreisel in der Dämmerung eines kalten neuen Tages.
IV
Endlich erfuhr ich, wo du warst, zählte die Stunden bis zum
Wiedersehen. – Wir umarmten uns lange. Vertraut und doch so
fremd. Keine Symphonie. Kein Strahlen. Keine Lichtschlösser.
Die Tür zu meinem Herzen knarrte laut. Selbst die Tränen
in deinen Augen konnte sie nicht öffnen. Dann ging ich fort. Was
blieb, blieb dunkel. Selbst der Himmel. Jetzt zittert es mich, ratlos im
Regen. Die Wege versperrt. Die Schlüssel verloren. Es regnet. Der
Regen verbindet sich, endlich, mit dem endlosem Fluss ... der Tränen.
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